Rechtsphilosophie, zuletzt bearbeitet am: 27.02.2024 | Jetzt kommentieren| Jetzt bewerten
Die Beschneidung bezeichnet unterschiedliche chirurgische Veränderungen an den Geschlechtsorganen bei Männern und Frauen.
Aus einem Zeitungsbericht 2006 geht hervor, dass weltweit ungefähr 130 Millionen Mädchen und Frauen an ihren Genitalien verstümmelt worden seien.
Für eine Studie der UNICEF (United Nations International Childrens Emergency Fund, jetzt United Nations Childrens Fund; UNO-Spezialorganisation zum Schutz der Kinder) wurde ermittelt, dass jährlich etwa 3 Millionen neue Opfer dieses grausamen Rituals hinzukämen.
Hinter diesen Berichten verbirgt sich der Vorgang der Beschneidung. Dieser kann aus medizinischer Indikation heraus erforderlich sein, z.B. bei Krebserkrankungen. Darum geht es hier jedoch nicht, sondern um ein traditionelles, vielfach religiös begründetes Ritual.
Wir müssen zwischen der Beschneidung der Jungen und der der Mädchen unterscheiden.
Es gehört zum Brauchtum vieler Völker, den Jungen in einem bestimmten Alter die Vorhaut des männlichen Gliedes abzuschneiden (Zirkumzision, von lat. circumcidere – beschneiden) oder sie einzuschneiden (Inzision).
Die Beschneidung der äußeren weiblichen Geschlechtsorgane gehört in fast 30 Ländern Afrikas sowie in einigen arabischen und asiatischen Ländern zur üblichen Praxis. Dabei werden den Mädchen und Frauen der Kitzler (die Klitoris) und mitunter auch die großen und kleinen Schamlippen teilweise oder vollständig herausgeschnitten. Das geschieht vielfach durch hierfür unqualifizierte Frauen und ohne den Einsatz von Narkosemitteln.
Die Beschneidung ist häufig ein Teil von Initiationsriten und wird auch religiös begründet. Im Judentum gilt sie als Eintritt in die Religionsgemeinschaft und erfolgt am 8. Tag nach der Geburt. Im Islam ist die Beschneidung entweder kurz nach der Geburt oder später, z.T. bei Eintritt der Geschlechtsreife, üblich. Bei Mädchen wird der Eingriff meist im Alter zwischen 4 und 14 Jahren durchgeführt.
Besonders bei Mädchen und Frauen kann die Beschneidung weitreichende Folgen haben. Das Verwenden von stumpfen und nicht desinfizierten Instrumenten führt oft zu Infektionen und lang anhaltenden Beschwerden, zu lebenslangen Schmerzen und psychischen Erkrankungen. Das Praktizieren und Erleben von Sexualität ist beeinträchtigt; lebensgefährliche Komplikationen für Mutter und Kind sind bei Geburten möglich.
Bei der Beschneidung wirkt die Tradition und die Machtlosigkeit der Frauen in der männerdominierten Gesellschaft als soziales Druckmittel. Unter diesen Bedingungen nehmen viele Frauen die Beschneidung als notwendiges Übel an und führen sie in der nächsten Generation fort. Nach Schätzungen des Statistischen Bundesamtes sind in Deutschland etwa 30000 Mädchen und Frauen von der Beschneidung betroffen oder bedroht. Daher fordern Politiker die Aufnahme der Beschneidung als Straftatbestand ins Strafgesetzbuch. In Europa haben das Belgien, Dänemark, Großbritannien, Italien, Norwegen, Österreich, Schweden und Spanien bereits auf diese Weise geregelt. International kämpfen besonders afrikanische Aktivistinnen und Aktivisten, Vertreter von Nichtregierungsorganisationen und anderen internationalen Organisationen für die Ächtung und Abschaffung der Beschneidung. Sie sehen in der Beschneidung einen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit von Menschen und eine Verletzung der Menschenwürde.
Literatur: Das Parlament 56(2006)50 11–12–2006. – S. 17. – dtv-Lexikon. – Mün chen : Deutscher Taschenbuch Verlag, 1999.
Autor: Jan Bretschneider
Quelle: Erstveröffentlichung im Lexikon freien Denkens, Angelika Lenz Verlag 2008
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